Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

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Die Landkarte und ihr Gelände. 
wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse hatten bereits Sonderkarten 
wachrufen lassen. Die geologische Karte war entstanden, die meteorologische, 
die Wirtschaftskarte, besondere Wege- und Postkarten. Noch eine andere 
Art Reisekarten, die Touristenkarte, war entstanden. Die Werke von Scheuchzer, 
de Saussure, de la Borde, Ebel trugen dazu bei, einen gewaltigen Strom von Natur 
forschern, Naturfreunden und andern Reisenden nach der Schweiz zu lenken. Für 
diese Reisebedürfnisse wurden besondere Karten herausgegeben, wie die von W. Haas 
in Basel (1785), von H. Keller in Zürich (1813) u. a. m. 
Mit dem Anfang des 19. Jahrhunderts war der große Umschwung in der Karto 
graphie im großen ganzen vollendet. Von der Renaissance an gerechnet unterscheiden 
sich keine Karten so auffällig von denen der vorangehenden Jahrhunderte als die 
des 19. Jahrhunderts von ihren Vorgängern, ganz gleich, ob sich dies auf die äußere 
Ausführung oder die innerliche Korrektheit und Konstruktion bezieht. Am Ende 
des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts war wie mit einem Male das Eis karto 
graphischer Schüchternheit gebrochen und die Fesseln jahrhundertlanger Vor 
eingenommenheiten gesprengt. Ein neues kartographisches Leben erblühte, ein 
neues Schaffen und Wirken, in dem wir heute noch inmitten stehen. 
II. Die Lehrjahre in den neuen Geländedarstellungen 
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 
258. Rio kartographische Metropole Paris. Die Hypsometrie. Noch wirbeln 
Klares und Unklares, Gegorenes und Ungegorenes in der Auffassung und Darstellung 
des Geländes im Anfang des 19. Jahrhunderts durcheinander. Doch langsam und 
sicher bricht sich das Gute Bahn, unterstützt durch die neu einsetzenden Terrain 
aufnahmen. Aber fast ein halbes Jahrhundert dauert es, bis sich bestimmte An 
schauungen und Arbeitsrichtungen herauskristallisieren, die späterhin den einzelnen 
Staaten und innerhalb dieser wiederum besondern Schulen oder Arbeitsstätten ihre 
Eigenart und Stärke verleihen. 
Das Schwergewicht kartographischer Arbeit lag zu Anfang des Jahrhunderts 
noch in Paris. Die Kartographie im ,,Dépôt de la guerre“ während der Periode der 
Revolution, des Konsulats und des Kaiserreichs ist für fremde Kartenwerke von 
größter Bedeutung geworden. Die Seinestadt, die fast hundert Jahre in der Karto 
graphie tonangebend war, wurde entthront, als Alexander v. Humboldt von Paris 
nach Berlin übersiedelte. 
Auch A. v. Humboldt war ein Kind seiner Zeit; er wie seine Zeitgenossen krankten 
noch an der Übersteilung der Berghänge 1 , indessen lehrte er den Aufbau des Geländes 
besser, als wie es bisher geschah, verstehen, indem er, wie wir wissen, die 
Hypsometrie oder vergleichende Höhenkunde, nach der die Gipfel-, Kamm- 
und Paßhöhen der Gebirge ermittelt wurden, begründete. Die Höhenzahl wurde 
durch ihn für die Geographie ein lebendiges, schaffendes Element. 
1 So bei den Vulkanen aus den Kordilleren von Quito und Mexiko im „Atlas der kleinern Schrif 
ten”. Stuttgart u. Tübingen 1853. Die Gehänge des Cotopaxi haben eine durchschnittliche Neigung 
von 50—55°. — Selbst Koristka hat auf seinen Tatrabildern und J. Payer bei der Ansicht der 
Königsspitze von O (dem Eisseepaß) aus etwas überhöht; s. P. M. Erg.-H. 12. 1863, und 18. 1867.
	        
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