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Sammelleitung aufnimmt, wurde zu normalen Zeiten ein tadelloses Wasser gewonnen.
Zu Hochilutzeiten schwankte die Temperatur bedeutend, und die Keimzahl stieg stark.
Kurz nach der Hochflut trat jeweils eine Erhöhung der Säuglingssterblichkeit ein (s.
auch Gärtner. Zur Dresdener Wasserfrage. Hyg. Rundschau 1897, Nr. 2, ferner Renk,
Schill und Meinert; Jahresber. der Gesellsch. f. Natur- u. Heilkunde, Dresden 1895 —96).
Dagegen hat Hofmann den Eintritt von Bakterien in die Fassung bei Hochwasser ver-
neint, was allerdings eine chemische Verschlechterung des Wassers nicht ausschließt.
In Dresden wurde u. a. vermutet, die bei Hochwasser steigende Keimzahl ent-
stehe durch eine Art Ausspülung des Bodens. Diese Ansicht wird durch die oben mit-
geteilten Barmener Zahlen unterstützt; man braucht dabei aber nicht nur an den Boden
zwischen Brunnen und Ufer zu denken, sondern der Fluß selbst wird durch Abspülung
bei Anschwellungen zunächst eine sehr starke Keimvermehrung zeigen, die erst bei
längerer Dauer des Hochwassers zurückgeht.
Unter allen Umständen zeigt das Vorstehende, daß man bei Fassungen natürlich
filtrierten Flußwassers außerordentlich vorsichtig sein muß.
Die folgenden, aus Imhoff: Die Reinerhaltung der Ruhr, Essen 1910 entnommenen
Daten, sollen zeigen, wie der Bezug natürlich filtrierten Flußwassers auch unter un-
günstigsten Verhältnissen aufrecht erhalten werden kann.
Im Jahre 1909 bestanden 87 Ruhrwasserwerke mit einem Gesamtjahresverbrauch
von rund 275 Millionen cbm. Da der unmittelbare Zufluß von der Ruhr zu den Brunnen
nicht genügt, so sind an vielen Werken Anreicherungsgräben erbaut, die in den Ruhr-
kies einschneiden und mit Flußwasser gespeist werden.
Die Ruhr führt Kohlen-, Eisen- und Abwasserschlamm, dessen Entfernung wegen
der vielen in den Fluß eingebauten Wehre nur langsam vor sich geht. Dadurch entsteht
eine Verstopfung des grobkiesigen Bettes. Die Absenkung der Brunnen wird immer tiefer,
bis die Schlammschicht an einzelnen Stellen durchbricht, oder in höchster Not künstlich
zerrissen (aufgeeggt oder weggebaggert) wird. Dann strömt das Wasser den Brunnen
rasch zu, und die Keimzahl steigt rasch. Glücklicherweise wird das Flußbett ein- bis
zweimal im Jahre durch Hochwasser freigespült. Dann besitzt aber sogar das gerei-
nigte Wasser 3 mal soviel Colikeime als bei normalem Wasserstand. Die Filterwirkung
ist im allgemeinen 600:1. Der Gehalt des Reinwassers an Bakterien und an gelösten
Stoffen hängt im übrigen, wie vorauszusehen, weniger von der Güte des Flußwassers,
als von der Güte der Bodenfiltration ab.
Eine Verbesserung der Wasserbeschaffenheit kann nach Imhoffs Vorschlägen
erreicht werden durch Kläranlagen für Abwasser, durch genügende Entfernung der
Brunnen vom Fluß, genügende Fassungslängen und hochwasserfreie Lage der Brunnen.
Bei Hochwasser kann noch hinzukommen Desinfektion des Trinkwassers durch Ozon
oder Chlorkalk.
Besondere Bedeutung hat neuerdings die künstliche Erzeugung von
Grundwasser aus Oberflächenwasser gewonnen, um die sich besonders Richert
in Stockholm und Scheelhaase in Frankfurt verdient gemacht haben. Die Entfernung
der Entnahmestelle von der Eintrittsstelle wird man nicht zu klein, in der Regel nicht
unter 70 m wählen. Auf diese Weise läßt sich unter genügenden Kautelen mit Sicherheit
ein Wasser gewinnen, daß sich vom natürlichen guten Grundwasser nicht wesentlich
unterscheidet, also erheblich besser ist, als manches natürlich filtrierte Flußwasser, oder
das in der Nähe von Anreicherungsgräben gewonnene Grundwasser.
Über die Einwirkung offener Gewässer auf Grundwasser vgl. u. a. Röchling,
Gesundheitsingenieur 1896, $. 225, und Kruse, Zentralblatt f. allg. Gesundheitspflege,
19. Jahrg., S. 112.