8. Grundwassermenge. In bezug auf die Menge des zu erwartenden Grund-
wassers sind stets sorgfältige hydrologische Vorarbeiten nötig. Die Erfahrung
lehrt, daß die Wassermenge und der Wasserstand oft unvermutet rasch, bisweilen aber
auch erst nach Jahren, so stark zurückgehen können, daß die Saughöhe für die
Pumpen zu groß wird, oder die gewünchte Wassermenge zu Zeiten, namentlich in trok-
kenen Sommern, überhaupt nicht mehr beschafft werden kann. Besonders schlimm
war der Sommer 1911, und die folgende Zeitungsnotiz ist nur eine unter vielen ähn-
lichen.
„Halle (Saale). Infolge der diesjährigen Trockenheits- und Hitzeperiode ging
der @Grundwasserstand des städtischen Wasserwerkes so weit zurück, daß
die Wasserleitungen nur wenige Stunden täglich im Betriebe erhalten werden konnten.
Der Magistrat mußte den Verbrauch des Leitungswassers für Gartenbewässerung, Wasch-
küche und Abkühlungszwecke bei hohen Strafen verbieten.“
Auch das Pflanzenwachstum kann unter starker Grundwasserabsenkung leiden.
Andere Schädigungen liegen in der Spiegelsenkung von Grundwasserseen (Nikolassee
bei Berlin), während von Flüssen durchflossene Seen hierunter kaum zu leiden haben.
Man hat zweifellos die dauernde Leistungsfähigkeit des Untergrundes nach den
Ergebnissen der hydrologischen Beobachtungen und der Versuchsbrunnen in vielen
Fällen überschätzt. Auch bei genauester Untersuchung des Untergrundes kann man der
Kosten halber die Beobachtungsrohre auf großen Gebieten nicht wohl näher als 100 bis
150m voneinander anordnen. Auf die Verhältnisse in den Zwischenstrecken kann also
nur geschlossen werden, und die hydraulischen Wirkungen dauernder Entnahme
lassen sich bei großen Fassungen kaum mit voller Sicherheit vorhersagen. Man muß
also in den Fassungslängen genügende Reserven haben. Man wird sich deshalb bisweilen
fragen müssen, ob man alles auf eine Karte setzen, und z.B. die Wasserversorgung einer
großen Stadt ganz auf ein Grundwasserwerk basieren will. Die Stadt Magdeburg sagte
sich seinerzeit, als eine Grundwasserversorgung aus dem Fiener Bruch in Aussicht stand,
mit Recht, daß bei der großen Entfernung der Fassung (48km) das Flußwasserwerk
als Reserve nicht zu entbehren sei.
Es ist kaum auszudenken, in welche Lage die Stadt Breslau gekommen wäre, wenn
nicht beim Versagen des Grundwasserwerkes das Flußwasserwerk (auf Wunsch der
Militärverwaltung) noch betriebsbereit gewesen wäre.
Tatsächlich haben sehr zahlreiche große Städte gemischte Versorgungen: Berlin:
Grund- und etwas Seewasser; Frankfurt: Quell-, Grund- und für Nutzzwecke (aber nicht
in den Häusern) Flußwasser; Stuttgart: Fluß-, Teich- und Quellwasser; Amsterdam:
Dünen- und Flußwasser; Paris: Fluß- und Quellwasser und diese beiden zu Zeiten sogar
gemischt.
Bezüglich des Baues von Wasserwerken, und dies gilt für alle Fassungsarten, wenn
auch in erster Linie für Grund- und Quellwasser, scheint häufig noch der Umstand von
besonderer Bedeutung zu sein, daß die Gemeinden begreiflicherweise die großen Sum-
men, die die Vorarbeiten erfordern, als verloren ansehen und deshalb zu sparen suchen.
Außerdem werden die Verhandlungen über neue technische Anlagen, also hier im beson-
deren für Wasserversorgungsanlagen, in der Regel so spät zu Ende geführt, daß noch vor
Beginn des Baues Wassermangel in den Gemeinden eintritt. Dann werden die Vorar-
beiten möglichst abgekürzt und Werke mit der größten Beschleunigung ausgeführt,
bei deren Bau „Eile mit Weile‘ erster Grundsatz sein sollte.
In Beziehung auf die Temperatur und etwaige Trübungen kommen bei Grund-
wasser sehr selten Klagen an die Öffentlichkeit. Zu starke Temperaturschwankungen
würden darauf hinweisen, daß offene Gewässer einen starken Anteil des geförderten Was-