Full text: Vorkenntnisse und Hilfswissenschaften, die Hydrologie, die Wassergewinnung (2,a)

  
b) Beschaffenheit und Lage der Böden. Die Verdunstung geht 
hauptsächlich in den obersten feuchten Bodenschichten vor sich. Trocknen die obersten 
Schiehten aus, und steigt (namentlich bei lockerem Boden) von unten wenig Wasser 
kapillar in die Höhe, so rückt die verdunstende Bodenzone nach unten und gleichzeitig 
vermindern die oberen ausgetrockneten Schichten die Verdunstung, ebenso wie wir 
dies unten bezüglich aufgelester Sandschichten kennen lernen werden. Die Verdunstung 
ist also um so geringer, auf je größere Tiefe ein Boden austrocknet. Es ist für die Bestim- 
mung der Sickerwassermengen von großer Bedeutung, die „geoatmosphärische‘“ Tiefen- 
stufe zu kennen, in welcher das versickernde Wasser jeweils den Einflüssen der Atmo- 
sphäre bezw. der Pflanzen eben noch entzogen ist. An Versuchen hierüber fehlt es nicht. 
Gerhardt führt im Handbuch der Ingenieurwissenschaften (IIl, 1, S. 54) an, daß nach 
Versuchen Esers ein Austrocknen des Bodens in 2 cm Tiefe die Verdunstung in den Mo- 
naten Mai und Juni bei Quarzsand auf 34%, bei Kalksand auf 66% ermäßigte, während 
eine Austrocknung auf 8 cm Tiefe eine Verdunstungsminderung auf 12 bezw. 16% zur 
Folge hatte. 
Die Verdunstung ist um so geringer, je weniger rauh, gewellt und geneigt ein 
Boden ist. 
Von Wichtigkeit ist ferner de Größe und Lagerung der Bodenpar- 
tikelchen. Mitscherlich führt hierzu nachstehende Zahlen von Eser an: 
Korngröße des Sands 0,0-0,071 0,071- 0,114 0,114 - 0,171 0,171- 0,25 0,25—0,5 0,5—1,0 1,0—2,0 
Verdunstung 100 100,6 96,6 95,7 86,1 29,9 22,2 
Bei stark kapillarem Boden, der durch gleichartige dichte Lagerung erzielt wird, und 
nicht zu tiefem Grundwasserstand kann immer wieder Feuchtigkeit von unten nach oben 
steigen. Dies hört jedoch erfahrungsgemäß auf, sobald der Wassergehalt eines Bodens 
unter die Hälfte seiner Wasserkapazität sinkt. Auch darf natürlich die Feinheit des 
Bodenkorns eine gewisse untere Grenze nicht unterschreiten. Im übrigen erfüllt eine 
und dieselbe Wassermenge einen Boden mit geringer Kapazität auf größere Tiefen als 
einen solchen mit großer Kapazität, der letztere weist also eine größere Verdunstung 
und einen schnelleren Wechsel zwischen Feuchtigkeit und Trockenheit auf. Aus dem 
Vorstehenden ergibt sich auch, daß die Verdunstung um so geringerist, 
je gelockerter ein Boden ist (aufgebrochenes, gepflügtes, 
sehacktes Kulturland), je lockerer, gekrümelter, gröber 
das Bodenkorn ist, je steiniger und durchlässiger ein 
Boden ist und je tiefer das Grundwasser steht. 
Die Verdunstung aus dem Boden wird wie durch Krustenbildung, so durch eine 
darüber gelagerte Streudecke wesentlich herabgemindert; ebenso vermindert eine 
über den Boden ausgebreitete dünne Sandschichte die Abgabe der Bodenfeuchtigkeit 
an die Atmosphäre außerordentlich!). Düngungen mit leicht löslichen, sowohl absorbier- 
baren als nicht absorbierbaren Salzen mit den in der Praxis üblichen Quantitäten üben 
nach französischen Autoren auf die Wasserverdunstung aus dem Boden keine Wirkung 
aus, während Wollny einen bedeutenden Einfluß der Düngung auf die Verdunstung 
feststellen zu können glaubte. 
Auch die Farbe des Bodens ist von Einfluß. Die Verdunstung ist bei genügender 
Feuchtigkeit um so geringer, je heller ein Boden, bei geringer Feuchtigkeit, je dunkler 
ein Boden. Mitscherlich gibt folgende Verhältnis-Werte an: weißer Boden 100; gelber 107; 
brauner 119; grauer 125; schwarzer Boden 132. 
1) Vgl. unter Nr. 2, Seite 264. 
Luoger-Weyrauch, Wasserversorgung I, 2. Aufl. 18 
     
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
      
   
  
  
  
  
  
  
   
  
   
   
	        
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