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ein Niederschlagsgebiet von 418 qkm, während das Infiltrationsgebiet wegen unterir-
discher Abläufe (Jura) nach anderen Flußsystemen von geologischer Seite nur auf 400
bezw. 350 qkm angenommen wurde; das ist ein Weniger von 17 Prozent.
Wie sehr in dieser Beziehung Höhenbildungen störend eingreifen können, zeigt
neben vielen z. B. in Gärtner, Die Quellen und der Typhus angeführten Fällen besonders
deutlich das Beispiel der Donauversinkung, wobei aus der oberen Donau derartige Was-
sermengen durch die Aachquelle nach dem Rhein fließen, daß das Donaubett unterhalb
Immendingen in vielen Jahren über 150 Tage lang kein Wasser führt.
Aber nicht nur durch natürliche Umgestaltungen des Terrains (auf dem Wege der
Erosion, durch seitliches Rücken der Flüsse, durch Dislokationen, Aufschüttungen,
Härtedifferenzen der Gesteine, chemische Umwandlungen usw.), sondern auch durch künst-
liche Mittel (Abgrabung) können die unterirdischen Wasserscheiden sehr erheblich ver-
ändert werden.
Mit künstlichen Mitteln den Lauf und Abfluß unterirdischer Gewässer zu ändern,
ist eine der Hauptaufgaben des wassersuchenden Ingenieurs, die wir später eingehend
behandeln werden.
Am schwierigsten ist die Bestimmung des Infiltrationsgebietes bei Grundwässern,
namentlich den mit Flüssen im Zusammenhang stehenden. Nur bei kleinen Gebieten
wird man hier einige Zuverlässigkeit erwarten dürfen. Bei großen Feldern, wie z. B. über
den norddeutschen dilluvialen Urstromtälern, ist etwas Genaueres überhaupt nicht zu er-
mitteln. Selbst bei kleineren diluvialen Tälern, wie dem der Parthe bei Naunhof, unweit
Leipzig, ist nachgewiesen, daß ihnen das Grundwasser auf sehr große Entfernung zu-
strömt, entsprechend der Entstehungsweise der diluvialen Täler. Ähnlich verhält es sich
mit der Rheinebene von Basel bis Mainz. Steuer hat speziell für das hessische Ried die
Existenz sehr mächtiger aufsteigender Wässer nachgewiesen, welche dem Rhein vom
Rande seines Tales her aus Längs- und Querverwerfungen zufließen. Derartige
Spaltenwässer machen aber jede genaue Kenntnis des Infiltrationsgebietes unmöglich.
Ein Parallelismus zwischen örtlichen Niederschlägen und Grundwasserständen ist dann
ausgeschlossen, was meist insofern von Wert ist, als die Grundwasserstände in solchen
Gebieten größere Konstanz zeigen als örtlich beeinflußte sie besitzen.
In manchen Fällen können Temperaturmessungen chemische und biologische
Beobachtungen über die Herkunft eines Wassers Auskunft geben, vgl. $$ 51 und 63.
Auf eine interessante Art vermochte G. A. Koch in Wien auf Grund von Temperatur-
beobachtungen nachzuweisen, daß das Grundwasser von Felixdorf bei Wien, wie auch
die geologischen Verhältnisse beweisen, sein Einzugsgebiet „hoch oben im Gebirge,
in der Kalkzone der ‚Hohen Wand“ und ihrer Vorberge‘“ haben müsse. Der Beweis
wurde auf folgende Weise geführt.
Aus einem Bohrloch von 90 m Tiefe entsprang artesisches Wasser von 10,420 C.
Die mittlere Jahrestemperatur des Ortes ist 100 C. Dieselbe Temperatur muß in der so-
genannten „neutralen Zone“, welche in 20 bis 30m Tiefe liegt (vgl. $ 51), herrschen.
Nehmen wir statt 20 bis 30 ungünstig gerechnet 30 m Tiefe an, so muß das aus 90 m Tiefe
emporbrechende Wasser bei einer geothermischen Tiefenstufe von 34 m eine Temperatur
haben von
10 on 10-2 1,76 11,760,
Das Wasser war also mit 10,42° C um 1,340 zu kühl. Das Einzugsgebiet muß demnach
jedenfalls in einer Höhe liegen, wo die mittlere Jahrestemperatur und die ihr gleiche
in der neutralen Zone niedriger sind als 10,40 C.