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dauernde und rasche Schwankungen vorhanden sind. Das Temperaturgefälle geht im
Winter von unten nach oben, im Sommer von oben nach unten. In den Übergangszeiten
treten in Orten wie München gegensinnige Temperaturgefälle auf, die im Frühling
gegeneinander, im Herbst auseinander gerichtet sind. Eine interessante graphische Dar-
stellung findet sich im Gesundheitsingenieur (1908 8. 503).
Unterhalb der neutralen Schicht beginnt das Gebiet, auf welchem die Wärme des
Erdinnern ihre Wirkung ausübt. So weit unsere Beobachtungen in Bohrlöchern, Berg-
werken und Tunneln reichen, scheint auf je 25 bis 35 Meter Tiefenzunahme die Boden-
temperatur um 1 Grad C. zu steigen: Geothermische Tiefenstufe. Bezüg-
lich des Anfangspunktes dieser anscheinenden Gesetzmäßigkeit machen jedoch Gebiete
mit sehr niedrigen Jahrestemperaturen eine Ausnahme. So wurde in Jakutsk auf der
Sohle eines 116,5 Meter tiefen Brunnens noch gefrorener Boden festgestellt.
Ein Gesetz für die Größe der geothermischen Tiefenstufe ist bis jetzt noch nicht
gefunden. Sie ist von Ort zu Ort starken Wechseln unterworfen, wie die folgenden Zahlen-
angaben beweisen. Die geothermische Tiefenstufe wurde gemessen
zu Neuffen in Württemberg a “= 00,06 Ir
zu Budapest in einer Mineralquelle je a Tiefen-
lage der Messung . mit 12,6 bis 21,5 m
zu Oynhausen ... ea. me
zu Louisville Ken een
zu Paris, artesischer Brunnen von Greaslls va ae ade
zu sperenbers ber Balin -. . 2... 2... ..2. mıedım
zu. schladebach ‚bei Bapzıa ..,., ...2.... neo m
Besonders klein ist die geothermische Tiefenstufe in Gebieten mit gegenwärtiger
oder früherer vulkanischer Tätigkeit sowie in der Nähe von Kohlenlagern (unterirdische)
Flötzbrände (?) und Rohölvorkommen.
Zu 3u. 4. Aus vorstehendem ergibt sich ohne weiteres die Bedeutung, welche die
Aufenthalts dauer des Wassers im Erdinneren auf dessen Temperatur besitzen muß.
Nur dann wird das Wasser die Bodenwärme vollständig annehmen, wenn es eine seiner
Menge entsprechende Zeit im Boden bleibt. Hierauf weist schon Lubberger in den unter
1. angeführten Sätzen über die Schmelzwässer im Gebirge hin. Auch dann, wenn der
Boden vom Wasser nicht vollständig durchdrungen ist, was z. B. bei dem raschen Ein-
ziehen großer Regenmengen oder Schneeschmelzen durch Felsspalten oder andere weite
Kanäle usw. eintreffen wird, findet eine vollständige Ausgleichung der Temperatur zwi-
schen dem Infiltrationswasser und dem von ihm berührten Gesteine erst statt, wenn
die Poren des letzteren von dem ersteren (lange genug) erfüllt sind; vorher werden
zwischen Gestein und Wasser verschiedene Temperaturen vorhanden sein, zwischen
welchen sich die Ausgleichung nicht vollständig vollziehen kann. Diese Ausgleichung
wird am wenigsten vollkommen sein, wenn größere Wassermengen in den Boden einsinken
und sich derart weiterbewegen können, daß sie das durchflossene Gestein nur zu berühren,
nicht aber zu durchtränken vermögen. In $ 42 findet sich aus der Wiener Gegend ein
Beispiel für ein Grundwasser mit zu geringer Temperatur, welche hervorgerufen ist da-
durch, daß die Infiltration in Gebieten mit geringerer mittlerer Jahrestemperatur erfolgt,
als sie in der Gegend des Brunnens herrscht.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß ein Wasser nur dann mit der Temperatur
an die Erdoberfläche kommen wird, welche der Bodentemperatur der tiefsten vom Wasser
erreichten Lage entspricht, wenn es— wie wir bereits sahen — sich dort lange genug auf-
gehalten und wenn es auf möglichst kurzem Weg von der Tiefe wieder an die Oberfläche
Lueger-Weyrauch, Wasserversorgung I. 2. Aufl. 24
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