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Weil sich aber dieser Austausch so sehr langsam vollzieht, kann die Zone, in welcher
die Temperaturen erheblich wechseln, sich nicht sehr tief erstrecken. Findet man des-
halb die mittlere Jahrestemperatur im gewöhnlichen Boden erst in einer Tiefe von 20—30
Meter konstant, so kann dieselbe im Grundwasser des Sandbodens schon in wesentlich
geringerer Tiefe unter der Grundwasseroberfläche einen nahezu konstanten Wert ange-
nommen haben.
Hinsichtlich der Temperatur der Oberflächengewässer, also der Bäche, Flüsse,
Seen usw., verweisen wir auf die Auseinandersetzungen im Abschnitt T.
Wir haben im vorstehenden nur die in gewissermaßen normalen Fällen auftretenden
Temperaturen besprechen. Über spezielle Erscheinungen, wie sie an heißen Quellen,
Geysinen usw. vorkommen, unterrichten die Lehrbücher über Geophysik, physikalische
Geographie und Balneologie. In bezug auf die Temperatur allein unterscheidet man
nach Lersch drei Kategorien: die isothermalen Wässer, welche annähernd
mit der Normaltemperatur des Ursprungsortes übereinstimmen, sodann hypother-
male, welche eine geringere, undhypertherma le, welche eine höhere als diese
Normaltemperatur besitzen.
$ 52. Über die Wünschelrute.
1. Einleitung. Ein Werk wie das vorliegende darf die neuerdings so aktuelle
Wünschelrutenfrage nicht unberührt lassen, wenn sie auch in erster Linie wohl ein
physiologisches Problem ist. Es soll deshalb der gegenwärtige Stand der Angelegenheit
kurz dargelegt werden.
Die Benützung von Wünschelruten zur Auffindung von Wasser, Gold, Silber usw.
ist außerordentlich alt und die hierüber veröffentlichte Literatur sehr umfangreich (vgl.
Graf von Klinckowstroem: Bibliographie der Wünschelrute, 1911). Die Untersuchung
der Frage erhielt in Deutschland einen starken Anstoß durch die im Jahr 1903 in der Zeit-
schrift Prometheus erfolgten Veröffentlichungen und Auseinandersetzungen. Ablehnend
gegenüber der ganzen Frage verhalten sich namentlich viele Geologen, darunter F. Bey-
schlag, F. Wahnschaffe, K. Keilhack, A. Leppla ') und W. Wolff sowie der Kieler Phy-
siker L. Weber. Diese Gegner vertreten die Ansicht, daß die Angelegenheit durch überaus
zahlreiche Mißerfolge erledigt sei. Die angeblichen Erfolge seien nicht genügend unter-
sucht und dazu, wenn sie auch äußerlich als Erfolge erscheinen, so wenig zahlreich, daß
sie prozentual gar nicht in Betracht kämen, oder sie seien an Stellen erzielt worden, wo
jeder Fachmann auch ohne Rute habe auf Wasser schließen können. Dazu fehle jede wissen-
schaftliche Erklärungsmöglichkeit der Erscheinung, es bleibe also nichts übrig, als eine
Selbsttäuschung der Rutengänger anzunehmen, d. h. ein Problem liege überhaupt nicht
vor und man könne nur vor der Zuziehung von Rutengängern warnen. Diesen ablehnenden
Standpunkt bekämpfen zunächst, neben den als Streitobjekt nicht genügend unpartel-
ischen, auch wegen meist ungenügender wissenschaftlicher Schulung hier nicht weiter
in Betracht kommenden Rutengängern, Personen, welche eine gewisse Freude am
Rätselhaften, Mystischen dazu treibt.
In einem dritten Lager finden sich diejenigen zusammen, welche einerseits Mystik
auf naturwissenschaftlichem Gebiet ablehnen, andererseits aber die bisherigen Erfahrungen
für nicht genügend halten, um das Vorhandensein eines Problems ableugnen zu können.
1) Vgl. die öffentliche Erklärung der vier Gelehrten in der Zeitschrift für praktische
Geologie, 1903, Heft 5.