Wider Erwarten ging die Todesgefahr diesmal noch vorüber,
und gegen Ende 1688 kehrte Galilei wieder nach Arcetri Zu
rück, um es von nun an nicht mehr Zn verlassen. Ob er es
freiwillig oder gezwungen that^), ist heute, mangels ein
gehenderer Nachrichten, nicht mehr mit Sicherheit zu entscheiden.
Die letzten drei Jahre seines ereignisvollen Lebens teilte
Galilei zwischen der niemals rastenden wissenschaftlichen Ar
beit und religiösen Übungen, die ihm nicht etwa eine zu be
obachtende Form, sondern wahre Herzenssache gewesen zu
sein scheinen^ 0 ). Irgend welche Erleichterungen waren von
Urban VIII. nicht mehr zu erlangen, und der letzte zu Gali
leis Lebzeiten gefaßte Jnquisitionsbeschlnß stellte gerade fest,
daß keine Milderung der Hast gewahrt werden solle 251 ). In
des verlangt die historische Wahrheit, anzuerkennen, daß diese
Hast in der späteren Zeit an und für sich keine peinlich strenge
war. So war der ausgedehnte Briefwechsel kaum überwacht,
und die meisten Einlaufe kamen aus dem gewöhnlichen Post
wege, wahrend nur in besonderen Fällen ein Schleichweg be
treten worden zu sein scheint^-). Vor allem anderen aber
ließ man zu, daß sich Galilei allmählich mit einem kleinen
Stabe von Freunden und Schülern umgab, im Umgang mit
welchem er seine drückende Lage weit weniger schmerzlich
empfand. Und nach wie vor wurde Fremden, welche die
Zelebrität des Jahrhunderts kennen lernen wollten, kein
Hindernis in den Weg gelegt, wie denn auch die Philosophen
Thomas Hobbes und Renö Descartes bei ihm vorgesprochen
haben sollen-''Z.
Besuche also unterlagen im allgemeinen keiner besonderen
Beaufsichtigung, und wenn es mit Castelli, der ja selbst Ordens
geistlicher war, etwas anders gehalten ward, so ist der Grund
dafür darin zu suchen, daß dessen Orthodoxie in naturwissen
schaftlichen Dingen auch nicht einwurfsfrei erschien'-^). Immer
hin durste auch er, inzwischen selbst zum Greise geworden, noch
Ende 1641 längere Zeit bei seinem alten Lehrer verweilen.