Full text: Kepler. Galilei

—«§ 18 W>— 
indem Rudolf seinem Bruder Matthias Mähren und Österreich 
zu überlassen gezwungen wurde, welche aber doch auch für die 
böhmischen Lutheraner das Gute hatten, daß sie von dein ge 
schwächten Kaiser den bekannten „Majestätsbrief" und damit 
die freie Verkündung des Schristwortes ertrotzen konnten. Kepler 
selbst nahnl, fromm und gläubig, wie er war, diese Änderung 
mit Freuden hin 52 ), so wenig sonst die tumultuarischen Aus 
tritte, deren Zeuge er jetzt zum öfteren sein mußte, seinem 
friedlichen Sinne zusagten. 
Die Frage, wie man wohl den berühmten Sohn des 
württemberger Landes für dasselbe zurückgewinnen könne, wurde 
am Stuttgarter Hos ernsthaft erwogen. Der Herzog forderte, 
wie dies in solchen Fällen Geschästspraxis war, ein Gutachten 
seiner Konsistorialräte ein, und dieses, an dessen Abfassung 
Melchior Jaeger, der frühere Beschützer Frischlins, besonders 
beteiligt war, erklärte eine Berufung Keplers nach Tübingen, 
wennschon erst in etwas späterer Zeit, für wünschenswert; für 
die dem Fürsten zum Geschenk gemachte Schrift („Merkur in 
der Sonne") bekain der Verfasser ein „Becherlin" im Werte 
von fünfzehn GuldenSo wäre denn die von diesem, der 
zeitlebens sein Schwabenland liebte und ehrte, angestrebte Rück 
berufung ganz gut in die Wege geleitet gewesen, und allem 
Vermuten nach dürfte, da Maestlins Kraft immer mehr zurück 
gingt), die von den Räten ins Auge gefaßte Möglichkeit bald 
eingetreten sein, wenn nicht Keplers unbeugsame Ehrlichkeit 
und Bekenntnistreue ihn: wieder — nicht zum erstenmale — 
einen Strich durch die Rechnung gemacht hätten. In dem Dank 
schreiben nämlich, welches er sofort an den Herzog richtete, 
berührte er eingehend die religiöse Frage und betonte, daß er 
die für Württemberg durch den vielgeschäftigen Audreae sozu 
sagen zum Landesdogma erhobene Konkordiensormel nicht zur 
Richtschnur seines Glaubens inachen, überhaupt keinen Christen 
wegen einer anderen Auffassung der Abendmahlslehre ver 
dammen könne. Was er hierüber sagt, ist so schön und wahr, 
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