Full text: Theorie der Mikrometer und der mikrometrischen Messungen am Himmel

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2 Netzmikrometer. 
Bei dieser Mannigfaltigkeit der Anwendungen ist es begreiflich, dass nicht 
jedes Mikrometer für jeden Zweck gleich geeignet sein kann; während das 
Ringmikrometer in den Händen des geschickten Beobachters recht brauchbare 
Positionsbestimmungen eines kleinen Planeten oder eines Kometen zu liefern 
vermag, würde es ein vergebliches Bemühen sein, die gegenseitige Lage der 
Componenten eines Doppelsterns mit der erforderlichen Genauigkeit damit 
messen zu wollen, und wenn andererseits das Fadenmikrometer hier vorzügliche 
Dienste leistet, steht dieses Mikrometer wiederum bei der Bestimmung des Durch 
messers einer Planetenscheibe weit hinter dem Doppelbildmikrometer zurück. Es 
mag an dieser Stelle sogleich bemerkt werden, dass seit den unerwartet grossen 
Fortschritten, welche die Photographie in ihrer Anwendung auf Himmelsaufnahmen 
gemacht hat, bei gewissen der vorhergenannten Aufgaben, ganz vornehmlich bei 
Sternhaufen, an Stelle der directen Ocularbeobachtung mit Vortheil und in vielen 
Fällen allein mit Aussicht auf Erfolg die photographische Abbildung tritt und 
die mikrometrische Messung statt in der Bildebene des Fernrohrs auf der photo 
graphischen Platte ausgeführt wird. Die für diesen Zweck erforderlichen Apparate 
bleiben hier von der Besprechung ausgeschlossen. 
Man kann die grosse Anzahl von Mikrometern, welche seit der Mitte des 
17. Jahrhunderts ersonnen und, manche freilich nur versuchsweise oder ganz 
vorübergehend, in Anwendung gekommen sind, in zwei Hauptklassen einreihen; 
die erste umfasst die Mikrometer, bei denen die Beobachtung an dem einfachen, 
durch das Objectiv entworfenen Bild ausgeführt wird, die zweite diejenigen, 
welche auf der Verdoppelung oder Vervielfachung des Bildes beruhen. In der 
ersten Klasse unterscheiden wir zwei Gruppen, einerseits die Mikrometer, welche 
während der Messung dieselbe Lage in ihren Theilen und in Bezug auf das 
Fernrohr beibehalten — Netz-, Lamellen- und Kreismikrometer —, und anderer 
seits die Mikrometer, bei welchen beide Coordinaten oder eine derselben durch 
Lagenänderung einzelner Theile gewonnen werden — Schraubenmikrometer. Die 
mikrometrischen Vorrichtungen der zweiten Klasse unterscheiden sich von ein 
ander darin, wie die Verdoppelung oder Vervielfachung des Bildes, ob durch 
das Objectiv, durch das Ocular, durch Prismen und doppelbrechende Krystalle, 
oder endlich durch Beugung des Lichtes an Spalten herbeigeführt wird. 
I. Netz-Lamellen- und Kreismikrometer. 
Sobald man erkannt hatte, dass zugleich mit dem in der Focalebene des 
Objectivs eines Fernrohrs entworfenen Bilde eines äusseren Gegenstandes (Sterns) 
eine ebendaselbst befindliche Marke deutlich gesehen wird, lag es nahe, diese 
Eigenschaft des Fernrohrs für die Bestimmung der linearen Grösse des Bildes 
und des Winkels, unter dem Bild und Gegenstand am Mittelpunkt des Objectivs 
erscheinen, zu verwerthen. Die einfachste hierauf beruhende Vorrichtung war das 
feste Fadennetz, welches der Marquis von Malvasia, der Beschützer und Mit 
beobachter des ersten Cassini in seinen »Ephemerides novissimae motuum 
coelestium« (1662) beschreibt, dessen Erfindung jedoch nach Venturi dem bei der 
Herstellung der Ephemeriden betheiligten Montanari angehören soll. Dieses 
Mikrometer war nichts anderes als ein System von mehreren feinen und senkrecht 
einander durchkreuzenden Silberfäden; nachdem der Abstand der einzelnen Fäden 
von einander aus der Zeit ermittelt war, welche ein Aequatorstern gebrauchte, 
um die senkrecht zur Richtung der täglichen Bewegung gestellten Fäden 
zu durchlaufen, konnte die angulare Grösse eines sehr weit entfernten
	        
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