III. Der Drache: wird er setzt durch die Klugheit.
Jetzt fragte Mars: ,,Was machen wir mit unserem
kleinen Drachen, 1 ) o Zeus?“ „Momus mag es bestimmen“,
erwiderte der Vater. Und jener: „Das ist ein unnützes
Tier und besser tot als lebendig. Lasst es uns daher,
wenn’s Euch beliebt, nach Spanien schicken oder nach
einer der arkadischen Inseln. Aber passt gut auf, es
steht zu besorgen, dass es bei seinem Herabsturze mit
seinem Schwänze noch einige Sterne mit ins Meer herab
schleudert.“ Da antwortete Apollo: „Sei unbesorgt, o
Momus, ich werde irgend einer Circe oder Medea befehlen,
ihn mit einigen jener Verse, womit sie ihn früher, als
er noch Hüter der goldenen Äpfel war, schon einzuschläfern
verstanden, jetzt aufs neue zu hypnotisieren, und dann
soll er ganz sachte, sachte zur Erde herabgelassen werden;
auch scheint es mir nicht gerade erforderlich, ihn dem
Tode zu weihen; man zeige ihn vielmehr überall, wo eine
grausame spröde Schönheit weilt; denn die goldenen Äpfel
werden die Schönheit, der Drache ihre Spröde versinn
bildlichen, und Jason wird der Liebhaber sein; der Zauber
gesang, der den Drachen einschläfert, wird also lauten:
„Es ist kein Herz so hart, dass sich’s nicht lässt
erweichen,
Umwirb immer es flott, mag auch viel Zeit verstreichen,
Mit Liebesfleh’n, Erfolg wirst Du verspüren,
Wenn Du nur Geld nicht sparst, lässt kalter Sinn
sich schüren.“
b Nach Hygin. ist dieses der Drache, welcher die goldenen Äpfel
der Hesperiden bewachte und von Herkules getötet wurde. Juno versetzte
ihn unter die Gestirne. Die goldenen Apfel haben eine besondere
esoterische Bedeutung, welche unserm Bruno offenbar Anlass gibt, auf
den Drachen als ein Sinnbild der Sprödigkeit anzuspielen, vergl. Nork,
Mythologie p. 37. Der Apfel ist das Symbol der sinnlichen Liebe
und der Zeugung, so schon der Apfelbaum als Baum der „Erkenntnis“
in der mosaischen Schöpfungsgeschichte, ferner in der griechischen
Mythologie, esoterische Bedeutung des Mythus der Persephone.
„Nach dem Apfel greift sie,
Und es bindet ewig sie des Orkus Pflicht.“
Bei den Griechen heisst Apfel ¡U£ÄOV — schwarz, bei den Lateinern
malum, das Böse, verwandt mit „Mehl“ = Speise, als Mittel und Material
der Verleiblichung.