476 Spektrum (Spektralanalyse).
muß die Stelle dunkler erscheinen; wäre
dagegen das Gaslicht intensiver als das
durch Absorption verschwundene, so würde
die betreffende Stelle trotz der Absorption
hell erscheinen. Da nun die Körper nur
infolge der Temperatur, bis zu welcher sie
erhitzt sind, Strahlen aussenden, so folgt
noch, daß die Lichtquelle eines kontinuier
lichen Spektrums, welche das S. eines
leuchtenden Gases umkehrt, wenn sie ein
glühender Körper ist, eine höhere Tempe
ratur haben muß als das Gas.
Ein solches Absorptionsspektrum zeigt
uns unter anderm die Sonne. Die dunkeln
Linien, welche dasselbe durchsetzen, wurden
zuerst von dem englischen Physiker W o l l a -
ston 1802 entdeckt und nachher (1814) von
Fraunhofer genauer studiert, nach dem
man sie die Fraunhoferschen Linien nennt.
Die deutlichsten derselben werden mit den
Buchstaben A (im äußersten Not) bis H
(im Violett) bezeichnet. In neuerer Zeit
hat man übrigens das Sonnenspektrum
noch über das Violett hinaus verfolgt, in-
deni mau Linsen und Prismen aus Quarz
in Anwendung gebracht hat, und auch in
dein ultravioletten Teil sind zahlreiche Ab
sorptionslinien konstatiert worden.
Aus der Lage dieser Absorptionslinien
kann man nun einen Schluß machen auf
die Elemente in der Sonnenatmosphäre,
denen sie ihre Entstehung verdanken. Zu
dem Zweck vergleicht man das Sonnen-
spcktrum mit den Spektren irdischer Ele
mente; GasekommendabeiinGeißlerschen
Röhren zur Verwendung, Metalle bringt
mail entweder (als Salze) in Gasflam
men und verdampft sie dort, oder man ver
wendet sie als Elektroden in Geißlerschen
Röhren, worauf beim Durchgang des elek
trischen Stroms die Linien ihrer Dämpfe
mit denen des zur Füllung benutzten Ga
ses erscheinen. Auf solche Weise hat man
z. B. gefunden, daß die beiden dunkeln
Linien, welche die Fraunhofersche Linie D
ausmachen, und die man mit D* und D a
zu bezeichnen pflegt (1002,8 und 1006,8
der Kirchhossschen Skala, Wellenlänge
b89,5Und 588,9 Milliontelmillimeter),dem
Natrium angehören, die Linien O, F, h und
eine nahe bei6- gelegene (2764,7 Kirchhofs)
dem Wasserstoff rc. Auf solche Weise ist es
geluilgen, eine Menge irdischer Elenlente
in der Sonnenatmosphäre nachzuweisen;
doch sind noch keüleswegs für alle uns be
kannten dunkeln Linien deö Sonnenspek-
trnms, deren Zahl infolge der neuesten
Beobachtungen außerordentlich gewachsen
ist, die entsprechenden Elemente nachge
wiesen. Dasselbe gilt auch von Absorp-
tionslinieu in den Spektren andrer Sterne.
Manche Absorptionslinicn im Sonnen
spektrum verdanken dem Wasserdampf der
Erdatmosphäre ihre Entstehung. Viele sol
cher Linien und Liniengruppen werden für
gewöhnlich nicht bei hohem Sonnenstand,
sondern mn in der Nähe deö Horizonts
beobachtet sowie auch bei Anwesenheit von
viel Wasserdampf in der Luft. Da manche
dieser Linien auch in dem S. des einen
oder des andern Planeten auftreten, so
ergibt sich die Anwesenheit von Wasser
dampf in der Atmosphäre dieser Planeten.
Daß die hellen Linien der Glasspektren
unmittelbar einen Schluß auf die Natur
des glühenden Gases gestatten, ist klar;
doch ist die Erkennung dieser Natur nicht
so einfach, wie es nach dem bisher Er
wähnten scheinen könnte. Die Anzahl und
auch das Aussehen der Linien wird näm
lich wesentlich beeinflußt durch die Tem
peratur und die Dichte des Gases. Im
allgemeinen wächst die Anzahl der Linien
mit dem Druck, der auf dem Gas ruht. Zu
den Schwierigkeiten, welche sich der Erken
nung der chemischen Beschaffenheit derHim-
melskörper aus ihren Spektrep entgegen
stellen, kommt noch der weitere Umstand,
daß auch Linien- und Absorptionsspektren
zusammen vorkommen können. Denn es
können ganz wohl in der Atmosphäre eines
glühenden festen oder flüssigen Weltkörpers
glühende Gase von ungefähr gleicher Tem
peratur wie dieser und daneben kühlere
Partien vorhanden sein; erstere geben
dann helle Linien, letztere ein Absorptions
spektrum. Anderseits geschieht es freilich
leicht, daß die leuchtenden Teile des Spek
trums zwischen zarten dunkeln Linien für-
helle Linien gehalten und auf ein glühendes
Gas gedeutet werden; auf einem solchen
Irrtum scheint (nach Vogel) die Beobach
tung von D r e p e r zu beruhen, welcher helle
Linien im Sonneuspektrum wahrzune-h-