Full text: Lexikon der Astronomie

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Sternschnuppen (Zusammenhang mit Kometen). 
sennämlich annehmen, daß in unsermSon- 
nensystem unzählig viele solcher kleinen 
Körper (»Weltspäne« nannte sieC h l a d n i 
scherzweise) vorhanden sind, die in allen 
möglichen Richtungen um die Sonne lau 
sen. Gerät nun ein solcher Körper in die 
Atmosphäre dcrErde, so verdichtet er infolge 
der großen Geschwindigkeit, die ihm inne 
wohnt, die Luft vor sich, welche nicht so rasch 
ausweichen kann; hierbei wird Wärme frei, 
und der Körper gerät ins Glühen. Ist er 
klein, so verbrennt und verdanrpft er und 
wird vollständig zerstört; dies ist wohl bei 
den eigentlichen S. der Fall. Längere Zeit 
nachglühende, auf dem zurückgelegten Weg 
zerstreute Teilchen bilden den Schweif. 
Größere Körper schmelzen nur an der 
Oberfläche und fallen als Meteorite ls. d.) 
zu Boden. Bei der Bewegung in der Luft 
wird übrigens infolge des Widerstands der 
letzteru die Geschwindigkeit in wenig Se 
kunden auf einen geringen Teil der ur 
sprünglichen reduziert. 
Bezüglich der periodischen S. haben die 
neuern Untersuchungen von Schiapa- 
relli u. a. eine nahe Beziehung zu den 
Kometen nachgewiesen, wie solche sckon 
vonChladni1819 vermutet worden war. 
Schiaparelli wurde 1866 auf die Annahme 
eines derartigen Zusammenhangs geführt 
insbesondere durch die Ähnlichkeit der von 
ihm berechneten Bahn des Augustmeteo 
ritenschwarms mit derjenigen des hellen 
Kometen II von 1862. Eine merkwürdige 
Bestätigung fand dieses Ergebnis durch 
die von Lev er ri er ausgeführte Bahn 
bestimmung des Novemberstroms von 
1866; cs ergab sich nämlich eine elliptische 
Bahn von auffallender Übereinstimmung 
mit derjenigen des ersten Kometen von 
1866. In beiden Fällen war übrigens 
die Zeit des Durchgangs durch die Son 
nennähe für den Siernschnuppenschwarm 
eine andre als für den Kometen: der 
Augustschwarm ging 24. Juli, der Ko 
met III 1862 erst 23. Aug. durch das 
Perihel; dagegen passierte der Komet I 
1866 sein Perihel neun Monate vor dem 
Novemberschwarm (jener 11. Jan., dieser 
10. Nov.). Die erwähnten Kometen sind 
daher nicht identisch mit den Sternschnup- 
pcnschwärmen der Perseiden und Leoni- 
den, aber sie gehören demselben Metco- 
ntenring wie diese an und sind als dichtere 
Schwärme desselben zu betrachten. 
Ein dritter Komet, dessen Zusammen 
hang mit Sternschnuppcnregen als nahezu 
erwiesen zu betrachten, ist der Bielasche. 
Dieser Komet hatte sich 1846 in zwei Teile 
gespalten, die zwar bei der nächsten Zu 
rückkunft zun: Perihel (1852), später aber 
nicht wieder beobachtet worden waren. Nun 
kreuzt dieser Komet Ende November in 
seinem abstoßenden Knoten die Ebene der 
Erdbahn und kann dabei der Erde sehr 
nahe kommen. Es haben aber schon vor 
mehr als 40 Jahren Quételet und 
Herrick auf die Nächte Anfang Dezember 
als eine Epoche häufiger Sternschnnppen- 
fälle aufmerksam gemacht, und 1867 wie 
sen ungefähr gleichzeitig Weiß in Wien 
und d'Ar re st in Kopenhagen auf die 
Möglichkeit eines Zusammenhangs beider 
Erscheinungen hin. Der letztere hob dabei 
insbesondere die merkwürdige Thatsache 
mit hervor, daß die ungewöhnlich reichen 
Sternschnuppenfälle, die 1798 und 1838 
Anfang Dezember beobachtet worden wa 
ren, gerade um sechs Umlaufszciten des 
Bielaschen Kometen auseinander liegen. 
Die nähere Untersuchung zeigte ferner, daß 
der verschwundene Komet Anfang Sep 
tember 1872 den niedersteigenden Knoten 
passiere, und daß die Erde 27. Nov. nahe 
an dieser Stelle vorübergehe. Wenn sich 
nun längs der Bahn des Kometen Mcteo- 
ritenschwärme befinden, so war es wahr 
scheinlich, daß wir an diesem Tag einen 
reichlichen Sternschnuppenfall beobachten 
mußten. Dies bestätigte sich auch in der 
That (vgl. Kometen, S. 270); ja Pogson in 
Madras beobachtete später sogar in der 
entsprechenden Gegend des Himmels einen 
kleinen Kometen, den man anfangs für 
den Bielaschen hielt. Hat sich nun dies 
auch als keineswegs sicher herausgestellt, 
so hat doch die Vermutung, daß längs der 
Bahn des Bielaschen Kometen solche Wol 
ken kleiner Wcltkörper vorhanden sind, 
durch den reichen Sternschnuppenfall vom 
27. Nov. 1872' ihre Bestätigung gefunden. 
Weiß, Galle, A. S. Herschel u. a. 
haben außer den genannten noch eine 
große Anzahl andrer Kometen irachgewie-
	        
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