Teil IY.
Die Landkarte und ihr Lageplan.
(Morphographie 1. Teil.)
A. Maßstab, Orientierung, Generalisierung, Kartenschrift
und Kartennamen.
I. Der Maßstab.
147. Wesen des Maßstabes. Das Gradnetz ist das feine mathematische Gerüst
für den Aufbau der Karte. Welche Ausmaße das Gerüst aufweisen muß, damit der
Bau einen verständlichen und zweckdienlichen Inhalt erhalte, lehrt der Kartenmaßstab.
Projektion und Maßstab sind die beiden mathematischen Größen der Karte, die in
ständiger Wechselwirkung stehen. Geographisch-kartographisch gesprochen, kann
das eine nicht ohne das andere bestehen und das Wesen des einen ohne Kenntnis
des andern nicht restlos begriffen werden. Damit wird der Maßstab ein wichtiger
Baustein für den Kartenentwurf oder das Grundelement für den Entwurf, wie
H. Wagner sagt. Da der Maßstab außer theoretischen Untersuchungen direkt
praktischen Bedürfnissen dient, ist seine deutliche Kenntlichmachung für die moderne
Karte eine unerläßliche Bedingung geworden; und für jegliche Karte ist die Art und
Weise seiner Bezeichnung ein wichtiges Kriterium.
Der Maßstab einer modernen Karte ist die mathematische Ausdrucksform für
die Reduzierung oder Verkleinerung irgendeiner Strecke auf die Karte im Verhältnis
zu ihrer natürlichen Ausdehnung. Das Reduktions- oder VerjüngungsVerhältnis
oder der Maßstab der Verkleinerung wird durch 1 : M oder 1/M bezeichnet; d. h.
irgendeine Kartenstrecke wird auf 1 verkleinert und sodann im Verhältnis zur natür
lichen Ausdehnung gebracht 1 , gekennzeichnet durch die als Maßstab dienende Zahl M,
den Modul oder die Kennziffer. Sie gibt mithin den Wert an, mit dem die auf die
Karte gemessene Strecke zu multiplizieren ist, damit sie der Strecke in der Natur
oder der natürlichen Strecke gleich wird. 2 Umgekehrt erhält man die Karten
länge, wenn jede in der Natur gemessene Länge durch den Modul dividiert wird.
Je kleiner der Modul, um so größer der Maßstab, je größer der Modul, um so kleiner
1 G. Wenz: Atlas zur Landkarten-Entwurfs-Lehre. München 1885, S. 1.
* 2 Wird auf dem Meßtischblatt 1: 25000 eine Strecke von 5 cm abgegriffen, so entspricht dieses
Stück einer wirklichen Entfernung in der Natur von 5:25000 m = 1250 m. — Eigentlich stimmt die
oben gegebene Definition vom Maßstab nur auf Strecken im Bereiche des Kartenmittelpunktes, worauf
auch J. Frischauf in seinen Beiträgen zur Landesaufnahme u. Kartographie des Erdsphäroids,
Leipzig u. Berlin 1919, S. 80, hinweist.