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damit auch etwas ganz richtiges sagen. 1 ) Mag daher
Momus sagen, was er will! Da mir, o Fortuna, Deine
Gründe sehr erheblich erscheinen, so beschliesse ich,
wenn sich gegen Deine Sache keine besseren Einwände
mehr Vorbringen lassen, als die wir bislang vernommen
haben, so will ich Dich nicht auf einen bestimmten
Ehrenplatz festsetzen und beschränken, wie Du selber
Dich beinahe auf diesen hier eingeschränkt hättest, sondern
ich verstatte Dir und überlasse es Deinem freien Belieben,
b Die Astrologie oder Sterndeuterei. welche das Schicksal des
Menschen aus dem Stand der Gestirne bei seiner Geburt bezw. bei seinen
Handlungen zu bestimmen suchte, und die uns heute, nachdem bei der
Geburt Ludwigs XIV. von Morin, dem letzten Astrologen, das letzte
Horoskop gestellt ist, als unbegreiflicher Aberglaube vorkommt, beruhte
dennoch gleich mancher anderen ,,Geheimwissenschaft,“ z. B. der Alchemie,
der Chiromantik und der noch in unserem Jahrhundert viel kultivierten
Physiognomik, wie Bruno hier ganz richtig bemerkt, auf einem wahren
Grundgedanken. Alle diese Halbwissenschaften fehlten nur durch
das voreilige phantastische Bestreben, von diesem Grundgedanken in
unwissenschaftlichster Weise praktische Nutzanwendungen machen
zu wollen, die eine Vollkommenheit des Detailwissens erfordern, wie sie teil
weise vielleicht durch hundertjährige exakte Forscherarbeit, teilweise
a b e r für menschliche Fähigkeit überhaupt nie zu erlangen ist. Jene
Geheimwissenschaften waren der trübe Most, aus dem sich der klare Wein
echter Wissenschaft erst allmälig abgeklärt hat. Bruno stand schon mit
seiner Verachtung der Sterndeuterei auf einer seltenen Höhe negativer Auf
geklärtheit für eine Zeit, die selbst den grossen Keppler noch nötigte,
Horoskope zu stellen, um nur das liebe Brot zu verdienen, weshalb denn
auch dieser treffliche Mann in spöttischem Ingrimm schrieb: ..Es ist wol
diese Astrologia ein närrisches Töchterlein, aber lieber Gott! wo wollt’
ihre Mutter, die hochvernünftige Astronomia bleiben, wenn sie diese
Tochter nicht hätte. Ist doch die Welt viel närrischer und so närrisch,
dass derselben diese alte verständige Mutter Astronomia durch der Tochter
Narreteiung eingeschwatzt und eingelogen werden muss. Und seynd
sonsten der „Mathematicorum salaria“ so seltsam und so
gering, dass die Mutter gewüss Hunger leiden müsste, wenn
die Tochter nichts erwürbe!“ Keppler, „Tertius Interveniens,
Thes. VII. opera omnia, ed.“ Frisch I. 560.
Unsern Nolaner ehrt es übrigens nicht wenig, dass sein philo
sophischer Tiefblick mit der negativen Aufklärung sofort die positive
vereinigte und den richtigen allgemeinen Grundgedanken, der in dem
Aberglauben der Astrologie steckte, zu würdigen wusste.
..Die Astrologie ist in der That nur der ungeschickte Ausdruck
eines schönen, grossartigen und wahren Gedankens: Die ganze Natur
ist ein einziger Organismus, alle ihre einzelnen Er
scheinungen stehen unter sich im engsten Zusammen
hänge. Hier giebt es keine Gegemvart und Zukunft, kein Grosses und
kein Kleines, keine Geburt und keinen Tod. Hier wird ein Phänomen
zum Träger der anderen, wie in der Kette ein Glied in das andere greift."
Der Astronom, von dem diese letzten beiden Sätze zitiert sind,
Rudolf Falb (Sterne und Menschen, Wien 1882), ist erst in den letzten