Full text: Lexikon der Astronomie

496 Sternschnuppensubstanz. 
sen, deren Zusammenhang mit Meteo 
ritenschwärme, i und Sternschnuppenfällen 
wahrscheinlich ist. 
Angesichts dieser Thatsachen gewinnt 
nun die Ansicht viel Wahrscheinlichkeit, 
daß die Meteoritenschwärme, welche auf 
der Bahn von Kometen um die Sonne 
laufen und uns zu bestimmten Epochen 
den Anblick eines periodischen Stern 
schnuppenfalls gewähren, den Kometen 
ihre Entstehung verdanken, indem diese 
längs ihres Laufs kleine Bestandteile aus 
streuen. Die Meteorwolken würden also 
ein Ereignis des Zerfallens der Kometen 
infolge der Einwirkung der Sonne und 
der Planeten sein, und es würde demnach 
ein Ausspruch Keplers von 4607 Gel 
tung haben, »daß der Körper des Kometen 
abgespült, verdünnt, verändert und endlich 
vernichtet wird, und daß gleichwie die 
Seidenraupe durch das Spinnen ihres 
Fadens, so der Komet durch die Ausstrah 
lung seines Schweifs aufgezehrt wird und 
endlich erlischt«. 
Sehr einfach erklären sich die im Lauf der 
Nacht wechselnde Häufigkeit der S. und 
das Maximum in den Morgenstunden. 
Wenn nänilich die Erde sich durch einen 
Meteoritenschwarm hindurchbewegt, so 
werden die meisten Meteore auf sie zustür 
zen von dem Punkte des Himmels, nach 
welchem sie sich zeitweilig hinbewcgt, dem 
von Schiaparelli so genannten Apex. 
Denn jeder Körper, der sich aus dieser 
Richtung gegen die Erde bewegt, hat eine 
relative Geschwindigkeit, die gleich der 
Summe der eignei?Geschwindigkeit und 
derjenigen der Erde ist. Die geringste Zahl 
der Meteore wird aus der gerade entgegen 
gesetzten Richtung kommen. Daher wird 
die Zahl der S. zunehmen in dem Maß, 
wie der Aper, der 90° von der Sonne ent 
fernt ist, höher und höher steigt, und da 
derselbe gegen 6 Uhr früh knlminiert, so 
wird die Zahl der S. nach Mitternacht 
wachsen; daß das Maximum früher als 
6 Uhr eintritt, erklärt sick aus der zuneh 
menden Helligkeit in den Morgenstunden, 
welche die Beobachtung hindert. 
Sternschnuppensubstanz, gallertartige 
Massen, die bald in tellergroßen, zähen 
Klumpen, bald in mehr flüssiger und 
schleimiger Form, so daß sie zwischen den 
Fingern zerlaufen, auf dem Boden ge 
funden werden und die einer in Europa 
und Nordamerika verbreiteten Volksmei 
nung nach von Sternschnuppen herrüh 
ren. In neuerer Zeit hat man diese Mas 
sen vielfach für pflanzliche Gebilde, ins 
besondere für Zittertange (Mstoo-Arten), 
gehalten, Organismen, die nach Gewitter 
regen oft in großer Menge auf feuchten 
Vliesen auftreten. Aber solche Tange sind 
durch ihre Struktur sehr leicht mit dem 
Mikroskop von den Gallertmassen zu un 
terscheiden, die man als S. bezeichnet; 
die wahre Natur dieser letztern ist auch 
schon vor mehr als 200 Jahren richtig er 
kannt worden. Der englische Arzt Chri 
stoph Merrett sagt nämlich aus S. 219 
seines Katalogs britischer Pflanzen, Tiere 
und Mineralien, der 4667 unter dem Ti 
tel: »Pinax rerumnaturaliumbritanni- 
carum« erschien, von diesen Massen: »Es 
ist eine Weiße, klebrige Substanz, die an 
sehr vielen Orten beobachtet wird, welche 
man hierzulande ,star faln 1 (gefallener 
Stern) nennt, und von der viele glau 
ben, daß sie den Sternschnuppen ihren Ur 
sprung verdanke und deren Materie sei. 
Ich habe aber vor der Königlichen Gesell 
schaft gezeigt, daß sie aus den Eingeweiden 
von Fröschen entsteht, die von Raben zu 
sammengetragen sind, was auch andre 
hervorragende Männer derselben Gesell 
schaft bestätigt haben.« Neuere Unter 
suchungen haben die Richtigkeit dieser Er 
klärung dargethan und gezeigt, daß jene 
Massen aufgequollene Eileiter von Frö 
schen sind; Carus hat in ihnen selbst 
Stücke der Muttertrompeten deutlich er 
kannt. Diese Eileiter quellen nämlich 
außerordentlich auf durch Feuchtigkeit; 
nach Untersuchungen von Böttcher in 
Dorpat vergrößert sich ihr Volumen durch 
Aufnahme von Wasser auf das 443fache, 
und ein einziger Frosch liefert 4 Lit. 
Gallerte. Doch ist das Aufquellungsver 
mögen nicht immer gleich, und Cohn ver- 
mu'tet, daß es unmittelbar vor der Laich 
zeit am größten sei, nach dem Laichen aber 
verschwindet und erst im Herbst sich wie 
der einstellt, woraus er sich erklärt, daß 
die meisten Gallertmassen in den Monaten
	        
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