Full text: Lexikon der Astronomie

493 
Sternschnuppen (Augustscharen, Radianten). 
und merkwürdige Schwcifbildung sich aus 
zeichnendes Meteor näher ins Auge fassen, 
so hatten wiederum andre in demselben 
Moment aufgehende Körper durch ihre 
strahlende Umhüllung, durch ihre flam 
menartigen, bald sich aufrollenden, bald 
zu Strahlenbüscheln sich umwandelnden 
Schweife etwas so Anziehendes, daß man 
das erstere unwillkiirlich darüber Vergaß. 
Zwischen 2Vs und 3 Uhr, wo der Schauer 
seinen Höhepunkt erreicht hatte, traten 
zeitweise 10—15 Meteore zu gleicher Zeit 
in den Gesichtskreis, von denen nahe die 
Hälfte mit Schweifen versehen war.« 
Beobachter in Pancsova verglichen die Er 
scheinung mit einem Feuerwerk, bei dem 
tausend und abertausend von Raketen ab 
gebrannt würden, oder auch mit einem 
starken Schneefall. Fischer, die in der 
Nähe der Insel Lesina im Adriatischen 
Meer ihrem Gewerbe nachgingen, wurden 
aufs höchste erschreckt durch'den Feuer 
regen, und auf Sizilien flößte das Phä 
nomen den unwissenden Landbewohnern 
solche Furcht ein, daß in der Nähe von 
Acireale am Ätna viele trotz der empfind- 
lichen Kälte im Freien übernachteten. In 
Brüssel wurden von zwei Beobachtern zwi 
schen 1 Uhr 4 — 8 Min. 108 S. gezählt, 
später wurde die Zählung wegen zu großer 
Häufigkeit unmöglich. Auf der Stern 
warte in Greenwich zählte man früh 12 Uhr 
40 Min. bereits 70 S. in der Minute, 1 
Uhr 5 Min. 118,1 Uhr 20 Min. 123; von 
da an nahm die Häufigkeit ab. Schwächer 
trat der Sternschnuppenreben in Nord 
amerika auf. Auch in den beiden folgenden 
Jahren wurde der Sternschnuppenregen 
im November beobachtet, besonders groß 
artig 14. Nov. früh in Nordamerika. 
Inzwischen hatten Qu ekelet, Heis, 
Jul. Schmidt u. a. den Nachweis ge 
liefert, daß außer den Novemberphäno 
menen auch noch andre solche periodische 
Phänomene auftreten, von denen das um 
den Laurentiustag (10. Aug.), der sogen. 
Laurentiusstrom, am frühsten bemerkt 
worden ist, denn es wird seiner unter dem 
Namen der. »feurigen Thränen des heil. 
Laurentius« schon in einen: alten engli 
schen Kirchenkalender gedacht. Seitdem 
hat man nun noch eine'große Menge an 
drer periodischer Sternschnuppenströme 
kennen gelernt, und alljährlich kommen 
neue hinzu. Wie bereits erwähnt, geht 
bei einem jeden solchen Fall die Mehrzahl 
der S. von einer bestimmten Gegend des 
Himmels aus, von einem bestimmten 
Radiationspunkt (Ausstrahlungö- 
oder Ausstreuungspunkt) oder Radian 
ten, oder auch, was nach neuern Unter 
suchungen die Regel ist, von mehreren sol 
chen Punkten. Die Epochen und Haupt 
radianten der bedeutendsten periodischen 
Sternschnuppcnströme sind folgende: 
2.— 3. Januar im Herkules, 
12. April in der Leier, 
9.—11. April in der Leier u. a., 
25 —30. Juli im Schwan u. a., 
8.—12. Augnst im Perseus, 
15.—23. Oktober im Orion und Stier, 
12.—14. November im Löwen, 
27.-29. November in der Andromeda, 
6.-13. Dezember in den Zwillingen. 
Die S. einiger dieser Phänomene belegt 
man nach den Sternbildern, in denen die 
Radianten liegen, mit besondern Namen; 
so heißen die Aprilsternschnuppen Lyraiden, 
die des August Perseiden, die des Novem 
bers Leoniden. Die verschiedenen Ströme 
unterscheiden sich übrigens durch die Häu 
figkeit der S., durch ihr Aussehen rc. So 
ist der Leonidenstrom durch sehr glänzende 
S. ausgezeichnet; er niacht sich aber nur 
in Zeiträumen von 33—34 Jahren beson 
ders auffallend bemerklich, wogegen der 
Auguststrom alljährlich mit nahezu glei 
cher Intensität auftritt, auch sein Heran 
nahen durch allmählich vermehrte Häufig 
keit der S. in den vorhergehenden Nächten 
andeutet. 
In vielen Fällen sind S. nicht zu trennen 
von den größern leuchtenden Meteoren, den 
Feuerkugeln (s. d.). Doch sind eigentliche 
S. durch das völlig Geräuschlose ihres Auf 
tretens von den Feuerkugeln unterschieden, 
die meist unter heftigen Detonationen zer 
springen ; auch hat man aus S. noch nie 
mit Sicherheit etwas zu Boden fallen sehen. 
Was man vielerorten als »Sternschnup 
pensubstanz« (s. d.) bezeichnet, ist andern 
Ursprungs; doch bleibt immerhin die Mög 
lichkeit übrig, daß der sogen. Meteorstaub 
(s. Meteorite, S. 332) von S. herstammt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.