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Sternschnuppen (Augustscharen, Radianten).
und merkwürdige Schwcifbildung sich aus
zeichnendes Meteor näher ins Auge fassen,
so hatten wiederum andre in demselben
Moment aufgehende Körper durch ihre
strahlende Umhüllung, durch ihre flam
menartigen, bald sich aufrollenden, bald
zu Strahlenbüscheln sich umwandelnden
Schweife etwas so Anziehendes, daß man
das erstere unwillkiirlich darüber Vergaß.
Zwischen 2Vs und 3 Uhr, wo der Schauer
seinen Höhepunkt erreicht hatte, traten
zeitweise 10—15 Meteore zu gleicher Zeit
in den Gesichtskreis, von denen nahe die
Hälfte mit Schweifen versehen war.«
Beobachter in Pancsova verglichen die Er
scheinung mit einem Feuerwerk, bei dem
tausend und abertausend von Raketen ab
gebrannt würden, oder auch mit einem
starken Schneefall. Fischer, die in der
Nähe der Insel Lesina im Adriatischen
Meer ihrem Gewerbe nachgingen, wurden
aufs höchste erschreckt durch'den Feuer
regen, und auf Sizilien flößte das Phä
nomen den unwissenden Landbewohnern
solche Furcht ein, daß in der Nähe von
Acireale am Ätna viele trotz der empfind-
lichen Kälte im Freien übernachteten. In
Brüssel wurden von zwei Beobachtern zwi
schen 1 Uhr 4 — 8 Min. 108 S. gezählt,
später wurde die Zählung wegen zu großer
Häufigkeit unmöglich. Auf der Stern
warte in Greenwich zählte man früh 12 Uhr
40 Min. bereits 70 S. in der Minute, 1
Uhr 5 Min. 118,1 Uhr 20 Min. 123; von
da an nahm die Häufigkeit ab. Schwächer
trat der Sternschnuppenreben in Nord
amerika auf. Auch in den beiden folgenden
Jahren wurde der Sternschnuppenregen
im November beobachtet, besonders groß
artig 14. Nov. früh in Nordamerika.
Inzwischen hatten Qu ekelet, Heis,
Jul. Schmidt u. a. den Nachweis ge
liefert, daß außer den Novemberphäno
menen auch noch andre solche periodische
Phänomene auftreten, von denen das um
den Laurentiustag (10. Aug.), der sogen.
Laurentiusstrom, am frühsten bemerkt
worden ist, denn es wird seiner unter dem
Namen der. »feurigen Thränen des heil.
Laurentius« schon in einen: alten engli
schen Kirchenkalender gedacht. Seitdem
hat man nun noch eine'große Menge an
drer periodischer Sternschnuppenströme
kennen gelernt, und alljährlich kommen
neue hinzu. Wie bereits erwähnt, geht
bei einem jeden solchen Fall die Mehrzahl
der S. von einer bestimmten Gegend des
Himmels aus, von einem bestimmten
Radiationspunkt (Ausstrahlungö-
oder Ausstreuungspunkt) oder Radian
ten, oder auch, was nach neuern Unter
suchungen die Regel ist, von mehreren sol
chen Punkten. Die Epochen und Haupt
radianten der bedeutendsten periodischen
Sternschnuppcnströme sind folgende:
2.— 3. Januar im Herkules,
12. April in der Leier,
9.—11. April in der Leier u. a.,
25 —30. Juli im Schwan u. a.,
8.—12. Augnst im Perseus,
15.—23. Oktober im Orion und Stier,
12.—14. November im Löwen,
27.-29. November in der Andromeda,
6.-13. Dezember in den Zwillingen.
Die S. einiger dieser Phänomene belegt
man nach den Sternbildern, in denen die
Radianten liegen, mit besondern Namen;
so heißen die Aprilsternschnuppen Lyraiden,
die des August Perseiden, die des Novem
bers Leoniden. Die verschiedenen Ströme
unterscheiden sich übrigens durch die Häu
figkeit der S., durch ihr Aussehen rc. So
ist der Leonidenstrom durch sehr glänzende
S. ausgezeichnet; er niacht sich aber nur
in Zeiträumen von 33—34 Jahren beson
ders auffallend bemerklich, wogegen der
Auguststrom alljährlich mit nahezu glei
cher Intensität auftritt, auch sein Heran
nahen durch allmählich vermehrte Häufig
keit der S. in den vorhergehenden Nächten
andeutet.
In vielen Fällen sind S. nicht zu trennen
von den größern leuchtenden Meteoren, den
Feuerkugeln (s. d.). Doch sind eigentliche
S. durch das völlig Geräuschlose ihres Auf
tretens von den Feuerkugeln unterschieden,
die meist unter heftigen Detonationen zer
springen ; auch hat man aus S. noch nie
mit Sicherheit etwas zu Boden fallen sehen.
Was man vielerorten als »Sternschnup
pensubstanz« (s. d.) bezeichnet, ist andern
Ursprungs; doch bleibt immerhin die Mög
lichkeit übrig, daß der sogen. Meteorstaub
(s. Meteorite, S. 332) von S. herstammt.