Max von Eyth,
der Dichteringenieur (1836-1906).
Man hört wohl nicht ſelten die Meinung aussprechen, daß der Ingenieur-
beruf und die Pflege der ſchönen Künſte ſich ſchlecht miteinander vertragen.
Das ist auch bis zu einem gewissen Grade richtig: das stete Rechnen mit
realen Möglichkeiten und die nüchterne Logik der Tatſachen vertragen ſich
meiſt wenig mit dem Fluge der künſtleriſchen Phantaſie. Zwar muß auch
jeder Erfinder ein gewiſſes Maß von Phantasie beſitzen und eine Freude
am abstrakten Denken empfinden, aber diese geistige Tätigkeit iſt doch von
dem Schaffen und Sinnen des Künstlers recht wesentlich verſchieden, deſſen
beſtes Können in der Regel darin besteht, die Wirklichkeit zu idealiſieren und
die Dinge so zu ſehen, wie Jie nicht ſind. Daß aber gelegentlich dennoch ein
hervorragendes Ingenieurtalent und eine ſchaffende Künſtlernatur, ſelbſt
eine allererſten Ranges, in einem Manne vereinigt sein können, dafür gibt
es ſchon in älterer Zeit ein erhabenes Beiſpiel: den unvergleichlichen Lionardo
da Vinci. Auch in neuerer Zeit jedoch laſſen ſich weitere Belege für das
Vorkommen derartiger Doppelnaturen anführen. Schwerlich aber wird
man unter den als Beiſpiel in Betracht kommenden Männern eine liebens-
würdigere und charaktervollere Natur ausfindig machen, als den prächtigen
Schwaben Max Eyth, den „Dichteringenieur“ par excellence, den Mann
mit der jugendfriſchen Begeiſterung, die er noch im Greiſenalter für seinen
Beruf empfand, und mit dem köstlichen Humor, der ihn in ſeiner Art würdig
in die erste Reihe der besten deutſchen Humoristen einordnet.
Eyths Lebenslauf ist der eines echten Sonntagskindes gewesen: er-
folgreich im Wirken, verehrt und geliebt von allen, mit denen er in Be-
rührung kam, mit Anerkennung und äußeren Ehren überhäuft, geſund und
fröhlich bis in die leßten Wochen vor seinem raſchen Tode als Siebzigjähriger,
ein Mann, dem alles gelang, was er in Angriff nahm, ein Weltenbürger, der
ſo viel wie wenige auf unserem Erdenball herumgekommen ist, und doch
auch der Typus einer ſüddeutſchen Kernnatur, eines „wackeren Schwaben",
der ſich und seine Perſönlichkeit überall durchſezt + so steht der Dichter-